Der Kämmerer verlässt die Gemeinde – Ein finanzieller Rückblick

Simon Woywod verlässt die Gemeinde Marienheide. Seine Arbeit war vom Stärkungspakt geprägt. Dieser sorgte zwar für große Einschnitte in die Handlungsfähigkeit der Gemeinde Marienheide, hat uns aber doch auf einen sehr guten Weg gebracht. Die Entwicklungen der letzten Jahre sind positiv, so dass wir auf das Geleistete stolz sein können. In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen die Entwicklungen von 2011 bis heute im Überblick auf und appellieren zugleich an alle, Chancen die sich jetzt auftun, unbedingt zu nutzen.

ein Beitrag von Fabian Geisel

In der jüngsten Ratssitzung am 23. Juni wurde unser amtierender Kämmerer, Simon Woywod, verabschiedet. In seiner Tätigkeit von 2012 bis heute hatte er mit großen Herausforderungen zu kämpfen. Jedoch steht die Gemeinde finanziell heute deutlich besser dar, als zu Beginn. Wir möchten die letzten Jahre gerne etwas Revuè passieren lassen und die finanzielle Lage etwas näher ausleuchten.

Zuerst möchten wir dem Kämmerer aber unseren Dank für die gute und angenehme Zusammenarbeit in den letzten Jahren aussprechen. Gerade weil es schwierige Jahre mit vielen Herausforderungen waren, können wir umso stolzer auf die gegenwärtige Finanzlage unserer Gemeinde blicken. Nicht zuletzt ist dies der umsichtigen und verantwortungsvollen Arbeit unseres Kämmerers zu verdanken. 

Wir wünschen Herrn Woywod auf seinem weiteren Weg alles erdenklich Gute und viel Erfolg!


Die Haushaltsentwicklung 2011 bis heute

Um den Stellenwert unserer derzeitigen Finanzlage besser einschätzen zu können, ist es notwendig in die Vergangenheit zu blicken und von dort aus den Weg nachzuvollziehen.

 

Schwere Einschnitte und trotzdem wichtig

Wir beginnen im Jahre 2011. Das ist das Jahr, in dem der Grundstein für den sogenannten Stärkungspakt NRW gelegt worden ist. Nach jahrelangen Diskussionen und Planungen wurde das entsprechende Gesetz durch die SPD-Landesregierung umgesetzt.

Ganz generell geht es beim Stärkungspakt darum, die Finanzen stark verschuldeter Kommunen zu entlasten und über einen Zeitraum bis 2021 zu sanieren. Marienheide gehörte 2011 zu den 34 Kommunen, die dazu verpflichtet worden sind, an dem Stärkungspakt teilzunehmen. Des Weiteren wurde die Gemeinde dazu verpflichtet, einen Haushaltssanierungsplan bis 2021 aufzustellen. Hier geht es vereinfacht gesagt darum, dem Land NRW zu zeigen, wie man seine Schulden abbauen und die Ausgaben reduzieren will. Mit diesem Haushaltssanierungsplan waren und sind schwere Einschnitte in die Selbstständigkeit der Kommune verbunden. Die Haushaltspläne der einzelnen Jahre müssen genehmigt werden. Hält man sich nicht an die Pläne oder führen die nicht zum gewünschten Ziel, greift das Land NRW ein und sorgt gewissermaßen dafür, dass es am Ende den gewünschten Effekt hat. Für eine Kommune ist dies mit der denkbar schlechteste Fall, der eintreten kann. Die Kommune verliert in diesem Fall mehr oder weniger ihr Selbstbestimmungsrecht.

Aufgrund der strengen Auflagen war und ist die Gemeinde bestrebt, alles Mögliche zu tun, um den Haushalt auszugleichen. Allen beteiligten Politikern war damals bewusst, dass dies einen erheblichen Einfluss auf die Politik der nächsten Jahre haben würde, weil de facto keine Neuinvestitionen möglich sein würden. Es galt, mit dem Bestand zu arbeiten und ihn bestmöglich zu erhalten. Auch für den Bürger brachte es finanzielle Mehrbelastungen mit sich: so stiegen die Hebesätze für die Grundsteuer B von 500% im Jahr 2013 zwischenzeitlich auf 735% (2015 bis 2017). Seit 2018 ist es uns wieder möglich gewesen, den Hebesatz auf 699% zu senken, ohne dadurch in Schwierigkeiten zu geraten.

Jedoch ist es mindestens genau so wichtig zu betonen, dass der Stärkungspakt auch eine sehr wichtige Hilfe für die betroffenen Kommunen darstellt. Er gibt ihnen die Möglichkeit, die Haushalte zu sanieren und zugleich dafür auch die notwendige Unterstützung und Rahmenbedingungen vom Land zu erhalten. Wie wir am Ende des Beitrages sehen werden, hat der Stärkungspakt die Gemeinde letztlich auf einen sehr erfolgreichen Weg gebracht, den wir sonst vermutlich nicht hätten beschreiten können. Das ist somit auch ein Verdienst der SPD-Landesregierung unter Hannelore Kraft.

 

Der erste positive Haushalt

Wie man sieht, waren die Vorzeichen für die Jahre 2012 bis 2021 denkbar ungünstig. Der außerordentlich guten Entwicklung der Wirtschaft in den Jahren nach der Finanzkrise bis zur heutigen Corona-Krise ist es mit zu verdanken, dass die Entwicklung vor allem ab dem Jahr 2016 sehr positiv ist. Dies spiegelt sich nicht zuletzt in hohen Erträgen aus der Gewerbesteuer wider. Das Jahr 2016 war das Erste, wo ein Haushaltsüberschuss erzielt werden konnte (+104.594€). Das ist trotz der guten Wirtschaftsentwicklung keine Selbstverständlichkeit. Denn der Gemeinde standen auch Mehrbelastungen in Form einer stetig steigenden Kreisumlage (also Geld, das die Gemeinde an den Kreis abführen muss) und dem Höhepunkt der „Flüchtlingkrise“ in 2015 und 2016 gegenüber. 

 

Die Mehrbelastungen: Kreisumlage und Asylkosten

Die Kreisumlage ist in den Jahren von 2012 bis 2020 von 10 Millionen auf mittlerweile 12,73 Millionen Euro angestiegen. Die Kommunen und auch die Parteien, insbesondere die SPD, fordern seit langem eine Senkung der Kreisumlage, da diese eine erhebliche Belastung darstellt. Kritik kam hier von Seiten der Kreis-SPD insbesondere wegen der Pläne zum Neubau des Kreishauses mit Kosten in Höhe von 60 Millionen Euro. Dies geht auch in unseren Augen gänzlich an der Realität und Vertretbarkeit dem Bürger gegenüber vorbei. 

Die Asylkosten wiederum sind nach 2016 stark zurückgegangen, ziehen dieses Jahr aber wieder leicht an: der Höhepunkt war 2016 mit 1,1 Millionen Euro und betrugen zum 25.11.2019 nur noch 540.000 Euro. Für das Jahr 2020 wird mit rund 877.000 Euro gerechnet.

 

Überschüsse von 2017-2019 und das aktuelle Jahr

Trotz dieser Mehrbelastungen war es möglich, auch die Haushalte 2017 bis 2019 positiv abzuschließen:

    • 2017: +23.958 Euro
    • 2018: +115.046 Euro
    • 2019: +393.119 Euro
    • 2020: +94.696 Euro (vor der Corona-Krise!)

Für das Jahr 2020 ist trotz erheblicher Einschnitte durch die Corona-Krise mit einem Einhalten der Ziele des Stärkungspakt bis Ende 2021 zu rechnen. Das Land NRW hat den Kommunen zugesichert, dass mögliche Verluste aus der Corona-Krise keine negativen Auswirkungen auf den Stärkungspakt haben werden und über diese „hinweg“ gesehen wird. In der Ratssitzung am 23. Juni bekräftigte Simon Woywod dies erneut.

 

Glücksfall Zinsentwicklung

Eine überaus hilfreiche und positive Entwicklung für die Gemeinde stellt die Zinsentwicklung dar. Durch die niedrigen Zinsen ist es der Gemeinde möglich, Geld zu äußerst guten Konditionen zu bekommen, so dass die Gemeinde teilweise sogar mehr Geld bekommt, als sie zurückzahlen muss. Auch auf die Zinszahlungen für bestehende Kredite hat dies einen positiven Einfluss. Jedoch besteht hier immer die Gefahr bei steigenden Zinssätzen auch wieder deutlich höhere Aufwendungen zu haben. Nichtsdestotrotz ist die Entwicklung von 2013, dem Höhepunkt der Zinsaufwendungen in Höhe von 2,2 Millionen Euro auf 705.000 Euro für das Jahr 2020, sehr positiv und hilft uns enorm weiter, die Sanierung bis 2021 erfolgreich fortsetzen zu können.

Gleichwohl die niedrigen Zinsen für die Spareinlagen Privathaushalte schlecht sind, so sind sie für Darlehen der Privathaushalte und der öffentlichen Hand sehr gut. Wie in so vielen Bereichen hat auch hier die Entwicklung sowohl ihre Sonnen- als auch ihre Schattenseiten.

Den Haushaltsplan für 2020 finden Sie hier: Der Haushaltsplan 2020


Warum wir auf diese Entwicklung stolz sein können

Im vorherigen Absatz habe ich es bereits erwähnt: die Einschnitte mit dem Stärkungspakt waren für die Gemeinde Marienheide gravierend. Für 10 Jahre waren im Prinzip sämtliche Neuinvestitionen und Neuschulden undenkbar. Den unerwartet positiven Entwicklungen sei Dank hat die Gemeinde Marienheide nun wieder die lang ersehnte Möglichkeit, Neuinvestitionen zu tätigen und sich so für die Zukunft zu rüsten. Der Zahn der Zeit hat beträchtlich am Bestand genagt, so dass Investitionen im Prinzip nicht aufgeschoben werden können. Hier ist durch den Stärkungspakt aber ein enger Riegel vorgesetzt.

 

4 Millionen Euro Fördergelder für Marienheide

Umso glücklicher kann man sein, dass Marienheide in Form von Fördergeldern sowohl für die Startermaßnahme am Heilteich als auch für die Umsetzung des Verkehrskonzept 4 Millionen Euro erhalten hat. Für die nächsten Jahre sind aufgrund der Ortskernentwicklung weitere Fördergelder in Aussicht. Auch über das Förderprogramm „Gute Schule 2020“ sind uns seit 2017 jedes Jahr rund 232.000 Euro für Investionen an den Marienheider Schulen zugeflossen.

Führt man sich diese Voraussetzungen, mit denen man in die Wahlperiode 2014 bis 2020 gestartet ist, vor Augen, so übertreibt man nicht, wenn man sagt: „Man kann verdammt stolz auf die geleistete Arbeit sein!

 

Unser Appell

Wir appellieren an alle Marienheider Bürger: Sehen Sie sich die Entwicklungen der letzten Jahre an. Wir sind von einem denkbar schlechten Punkt gestartet und haben jetzt seit Jahren wieder die Chance, viel Geld in den Ortskern zu stecken. Wir bekommen Geld vom Land NRW, damit wir diese Investitionen tätigen können. Es wäre fatal, wenn man diese Chance ungenutzt lässt. Wir müssen Marienheide fit für die Zukunft machen und das funktioniert nur über Fördergelder. Marienheide alleine kann das nicht stemmen. Wir sind auf einem guten Weg, 2022 wieder eigenständiger entscheiden zu können, weil der Stärkungspakt dann für uns gelockert wird. Bis dahin sind wir aber weiterhin an die strengen Auflagen gebunden.

Nach vielen Jahren Stillstand haben wir endlich die Chance, Marienheide wieder nach vorne zu bringen. Letztlich profitieren wir alle davon!