von Holger Maurer
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie schwer es im Wahlkampf ist, knappe und einprägsame „Slogans“ zu finden, die zutreffend, aber auch charakteristisch für die Ziele der Parteien und Kandidaten auf Gemeindeebene sind. Denn bei der Kommunalwahl geht es nicht, schon gar nicht in erster Linie um ideologische Auseinandersetzungen. Anders als der Landtag oder der Bundestag ist ein Gemeinderat kein „Parlament“ und Gesetzgeber. Vielmehr sollen vorrangig die örtlichen Angelegenheiten zugunsten aller Gemeindemitglieder geregelt und unterschiedliche individuelle Interessen zum Wohle des Ganzen möglichst in Einklang gebracht werden. Nahezu nie hilft dabei eine Orientierung an echten oder vermeintlichen Prinzipien oder Ideen. Die Interessen der Einwohner/innen von Marienheide sind nicht auf eine allgemeine Gesellschaftsform gerichtet, sind z.B. nicht liberal oder konservativ. Selbst bei den wichtigen örtlichen Umweltfragen, soweit über sie der Gemeinderat entscheiden kann, bringen uns Hinweise auf Umwelt und Naturschutz dann nicht weiter, wenn sie ohne Augenmaß und als „fundamentalistisches Totschlagargument“ genutzt werden.
Wem gehört Marienheide?
Vor diesem Hintergrund ist die erste Frage zugegebener Weise provokativ, drängt sich mir aber derzeit mit Blick auf manches Plakat auf. Obwohl die Antwort sowohl im Positiven wie im Negativen klar ist: Nach den gesetzlichen Regeln gehört Marienheide allen seinen Bürger/innen und Einwohner/innen, unabhängig z.B. von deren politischer, weltanschaulicher oder religiöser Einstellung. Marienheide gehört nicht einzelnen Personen oder Personengruppen.
Wofür stehen die Parteien in Marienheide?
Auch die zweite Frage ist aktuell. Schaut man sich die Wahlaussagen aller Parteien und Gruppierungen an, so stellen sie weitgehend dieselben Ziele in den Vordergrund, denen (fast) jeder zustimmen kann. Wie gesagt: Es ist sehr schwierig, auf Plakaten mehr zu bieten. Die Gemeinsamkeiten sind dabei so groß, dass hier nur wenige Felder (alphabetisch) aufgelistet werden können: Verbesserungen in und für Einzelhandel, Familien, Finanzen, Gewerbe, Klima, Schulen, Touristik, Umwelt, Touristik usw. Diese verbalen Übereinstimmungen nähren die Hoffnung, dass auch die zukünftigen Ratsmitglieder sachlichen Argumenten zugänglich sein werden und – wie bisher auch – spätestens nach ausführlichen und auch kontroversen Diskussionen fast alle Entscheidungen jedenfalls mit großer Mehrheit getroffen werden. Es kommt also zuallererst auf die handelnden Personen im Gemeinderat an.
Die Kandidaten der SPD Marienheide haben keine persönlichen Interessen an und Vorteile durch bestimmte Ratsentscheidungen. Vielmehr sind sie persönlich unabhängig. Die SPD-Kandidaten haben den notwendigen Sachverstand. Der berufliche Hintergrund reicht vom Ingenieur bis zum Städteplaner, von der Verwaltungsfachkraft bis zum Lehrer und weit darüber hinaus. Gemeinsam zeichnen sie sich durch entsprechende soziale und fachliche Kompetenzen in fast allen Sachgebieten aus, in denen im Gemeinderat und den Ausschüssen Entscheidungen für alle Marienheider/innen zu treffen sind. Deren Interessen und manchmal die Interessen von Minderheiten müssen notfalls auch einmal im Gemeinderat verteidigt werden.
Was bringt ein Jugendparlament?
Und nun zur dritten Frage: Viele Kinder und Jugendliche sind heutzutage sehr wohl interessiert und engagiert, soweit es um politische Themen und damit um ihre Zukunft geht. Ohne hierfür Erklärungsversuche darzustellen, muss objektiv festgestellt werden, dass sich dies leider nicht in den Parteien und Wählergruppen oder gar im Rat und den Ratsausschüssen widerspiegelt. Auch auf den Kandidatenlisten aller Parteien sind Jugendliche unterrepräsentiert.
Ein Jugendparlament auf Gemeindeebene könnte helfen, zum Wohle aller Generationen die richtigen Weichenstellungen in Marienheide zu treffen und die Interessen der Kinder und Jugendlichen hinreichend im Blick zu haben. Es müsste auf jeden Fall mit effektiven Beteiligungs- oder gar Mitwirkungsrechten ausgestattet sein. Beispielsweise wäre ein Jugendparlament sinnvoll nicht nur für schulische Fragen wie Ausstattung und Organisation der Marienheider Schulen, sondern mehr als hilfreich bei allen Entscheidungen, die auch oder sogar vorrangig die Kinder und Jugendlichen betreffen. Solche können sich beziehen auf Freizeiteinrichtungen, Aufenthaltsräume (auch im Freien), Förderungen von Jugendinitiativen in und außerhalb von Vereinen, spezifische Festsetzungen in Bebauungsplänen, Verkehrsflächen usw. Der Fantasie ist dabei keine Grenze gesetzt.
Die Mitglieder eines solchen Jugendparlaments könnten z.B. von der Schülerschaft der Schulen, von Jugendabteilungen der Vereine, von locker organisierten Zusammenschlüssen von Kindern und Jugendlichen, von der Kirchenjugend oder von anderen Gruppen gewählt und entsendet werden. Dies setzt nur ein demokratisches Wahlverfahren voraus und sollte überparteilich und überkonfessionell sein. Das Jugendparlament sollte seine innere Organisation möglichst selbstständig regeln und das Recht haben, mit einem oder zwei Vertretern zumindest an den Sitzungen der Ratsausschüsse teilzunehmen.
Durch ein Jugendparlament könnte sichergestellt werden, dass „die“ Jugendlichen gehört werden und ihre Interessen wirkungsvoll in Entscheidungen des (hierfür nun einmal zuständigen) Rates berücksichtigt werden. Vielleicht – so meine persönliche Hoffnung – finden sich in Zukunft dadurch auch vermehrt Jugendliche, die sich für eine Kandidatur zum Gemeinderat (in und außerhalb der demokratischen Parteien) entscheiden.