ein Kommentar von Fabian Geisel
Zugegeben: die Zukunft der Landwirtschaft entscheidet sich nicht in Marienheide. Wir können hier keine richtungsweisenden Entscheidungen treffen. Wir können aber, und das ist auch mein persönliches erklärtes Ziel im Wahlkampf gewesen, den Landwirten zuhören und deren Erfahrung nutzen, um einen Eindruck davon zu bekommen, was die Entscheidungen der Bundes- und EU-Politik bei ihnen auslösen.
In diesem Beitrag will ich das Ganze nun aus meiner persönlichen Sicht bewerten und etwas dazu sagen. Der Hintergrund, warum ich diesen Beitrag jetzt schreibe ist folgender: in meiner Freizeit verfolge ich seit vielen Monaten schon einen Landwirt (Röpers) auf YouTube, der dort in sogenannten VLOG’s über seine Arbeit berichtet und auch zu generellen Situation in dem Sektor berichtet.
Heute (Sonntag, 27.09.2020) war ein einschneidender Tag: eben dieser Landwirt hat in einem Video angekündigt, alle seine Kühe abzugeben und die Milchviehhaltung aufzugeben. Das hat mich persönlich getroffen. Ich habe seine Arbeit über lange Zeit kennen gelernt und weiß, wie sehr er an seinen Tieren hängt. Er hat an seine Arbeit stets hohe Anforderungen gestellt: Weidehaltung, keine Gentechnik, keine Massentierhaltung und stets das Tierwohl im Blick. Das sind keine hohle Phrasen. Wenn man seine Videos ansieht und das über eine längere Zeit, dann sieht man, dass das wirklich so ist. Kurz gesagt: er entspricht weitestgehend dem romantischen Bild, das man landläufig von der Landwirtschaft hat.
Sie können sich hier das angesprochene Video ansehen: Röpers Vlog: Die Kapitulation?
Die Herausforderungen
Nun muss man aber nicht unbedingt nach Scheeßel (nahe Bremen) fahren, um einen Eindruck davon zu erhalten, was gute Landwirtschaft ist. Diesen habe ich auch in Himmerkusen bei Familie Kollenberg bekommen können. Das sind Betriebe, von denen auch die Politik in Berlin und Brüssel immer wieder spricht und deren Wert man herausstellt. Man müsse diese Familienbetriebe erhalten und fördern. Jedoch erhält man einen ganz anderen Eindruck, wenn man die Erfahrungen und Eindrücke der Landwirte vor Ort hört. Diese beklagen sich, dass die Maßnahmen eher dazu führen, dass der Aufwand, um Richtlinien und Verordnungen einzuhalten, für die kleinen Familienbetriebe kaum mehr stemmbar ist. Es würden einem immer neue Hürden in den Weg gestellt und man könne sich nie sicher sein, was in Zukunft kommt und ob die jetzt getroffenen Maßnahmen nicht mehr ausreichen. Denn mit diesen Maßnahmen ist häufig vor allem eines verbunden: Hohe Kosten. Diese Kosten müssen eigentlich über den Absatz von Milch und Fleisch oder anderen landwirtschaftlichen Produkten wieder reingeholt werden. Doch was ist, wenn man bei jedem Liter Milch drauf zahlen muss, weil der Preis pro Liter so niedrig ist, dass die Kosten nicht gedeckt sind? Bei Investitionen wird in Jahrzehnten gerechnet, was betriebswirtschaftlich wenig Sinn macht, jedoch nicht anders geht. Die Einnahmen werden immer geringer und die Kosten dafür immer höher. Hinzukommt der Klimawandel: die jetzt seit drei Jahren anhaltende Trockenheit in den Sommern führt dazu, dass das Futter knapp wird und zugekauft werden muss. Auch hier: hohe Kosten.
Ich denke, es wird deutlich, dass die Landwirtschaft mit großen Herausforderungen zu kämpfen hat. Bei meinem Gespräch mit Markus Kollenberg hat er ausdrücklich betont, man brauche Veränderungen und diese seien auch richtig. An der Umsetzung, den Zielen und vor allem bei den zugrunde gelegten Annahmen bestehe aber erheblicher Verbesserungsbedarf.
Klar ist somit, dass auch die kleinen Betriebe bereit für Veränderungen sein müssen. Genau wie in der Wirtschaft ändern sich die Rahmenbedingungen, die eine stetige Anpassung und Neuausrichtungen des eigenen Handelns notwendig machen.
Massentierhaltung: gesellschaftlich nicht akzeptiert
In seinem VLOG, wo die Abgabe der Kühe angekündigt wurde, betonte Röpers, dass er auch mit dem Gedanken gespielt habe, die Anzahl der Kühe deutlich aufzustocken (500 und mehr Kühe). Jedoch würde das seiner Überzeugung, keine Massentierhaltung haben zu wollen, widersprechen. Wenn man diesen Schritt gegangen wäre, hätte man den Milchviehbetrieb die nächsten Jahre womöglich aufrechterhalten können.
Die Massentierhaltung ist auch gesellschaftlich nicht wirklich akzeptiert. Ich persönlich bin auch kein Freund davon. Aber wenn man nicht schnellstmöglich Maßnahmen findet, die die Familienbetriebe stärken (nicht nur leere Versprechungen sondern wirklich effektive Taten!), wird das der einzige Weg sein, um zumindest mittelfristig noch überleben zu können. Das ist gesellschaftlich und auch politisch nicht gewollt. Jedoch lassen die Auswirkungen der politischen Entscheidungen scheinbar wenig Wahl. Mich macht es persönlich betroffen, wenn Familienbetriebe sich in ihrer Existenz bedroht sehen oder teilweise ihre jahrzehntelange Berufung aufgeben müssen. Ich schreibe bewusst Berufung, weil man für die Landwirtschaft geboren sein muss, wenn man in diesem Sektor tätig sein will.
Was zu tun ist
Doch was kann oder sollte man tun? Im ländlich geprägten Raum, wie es der Oberbergische Kreis ist, ist die Akzeptanz der Landwirtschaft zwar hoch, doch wäre es wichtig, die Menschen trotzdem mehr hierfür zu sensibilisieren und über Missstände aufzuklären. Hier muss sich nicht zuletzt auch der Verbraucher fragen, wie man durch das eigene Konsumverhalten zu einer Stärkung der Familienbetriebe und regionalen Landwirtschaft beitragen kann.
Die Aufgabe der Politik, unabhängig davon ob es Kommunal- oder Bundespolitik ist, muss der Kontakt zu den Landwirten sein und der stetige Erfahrungsaustausch. Nur durch den direkten Kontakt ist es möglich, die Auswirkungen des politischen Handelns wirklich begreifbar zu machen. Auf dem Papier liest sich vieles gut, doch in der Realität ist es nicht selten anders.
Vielleicht wäre es auf kommunaler oder Kreisebene möglich, den regionalen Vertrieb von landwirtschaftlichen Produkten zu stärken und hierfür die Hürden zu senken. Es kann doch nur in unserem eigenen Interesse sein, hochwertige Produkte zu erhalten, die vor Ort erzeugt worden sind. Wir tun der Umwelt etwas Gutes, weil lange Transportwege entfallen, und zugleich auch den Familienbetrieben, die so unterstützt und gestärkt werden. Das Bewusstsein und der Wille hierzu ist in den letzten Monaten stetig gestiegen. Die Kommunalpolitik kann dieses Thema durchaus mal angehen und prüfen, inwieweit das umgesetzt werden kann.
Sollten all diese Bemühungen scheitern und die Kritik und die Hilferufe der Landwirte nicht ankommen (das betrifft die Bundesebene), sieht die Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland düster aus.
Dieser Beitrag spiegelt nicht die Meinung der Fraktion wider