Bild: Fotos: Lemmen, Kappen, Meyer / Bearbeitung: NRWSPD

5 Punkte für unsere Kommunen: Wie SPD und SGK Städte und Gemeinden unterstützen wollen

Die über 18 Millionen Menschen in NRW haben eines gemeinsam: Sie alle leben in einer der 396 Städte und Gemeinden unseres Bundeslandes. Hier vor Ort spüren sie, ob der Staat funktioniert und der Fortschritt vor ihrer Haustür ankommt. Moderne Schulen und verfügbare Kita-Plätze, saubere und gut ausgebaute Straßen, zeitnahe Termine und unbürokratische Verfahren bei der Erneuerung des Personalausweises oder der Beantragung von Kindergeld: Für all diese Aufgaben sind die Städte und Gemeinden verantwortlich.

Doch die Anforderungen steigen und die Herausforderungen werden größer: Egal, ob bei der Unterbringung und Integration von Geflüchteten, den gestiegenen Zinsen, Energie- und Personalkosten oder den dringend notwendigen Investitionen in die Infrastruktur und den Klimaschutz – unsere Kommunen stoßen an ihre Grenzen.

Doch uns ist klar: Vor Ort, in den Städten, Gemeinden und Kreisen werden die Krisen und Herausforderungen unserer Zeit konkret bewältigt. Deshalb braucht es jetzt eine gemeinsame Kraftanstrengung, um wichtige Impulse für Aufschwung, Verbesserung der Lebenssituation und damit auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu setzen.

Der NRWSPD-Landesvorstand und die SGK Nordrhein-Westfalen haben 5 Punkte für Kommunen beschlossen, um mit konkreten Forderungen die Debatte um einen Deutschland-Pakt für unsere Städte und Gemeinden anzustoßen. Hier ist der Beschluss abrufbar.

Was die Vorschläge aus dem »5 Punkte Programm für unsere Kommunen« konkret bedeuten, haben wir mit sozialdemokratischen Stadtoberhäuptern in NRW besprochen:

Handlungsfähig vor Ort: Warum eine gute Finanzierung der Städte und Gemeinden so wichtig ist

Die Stadt Kamen liegt im östlichen Ruhrgebiet. Seit 2018 ist Elke Kappen hier Bürgermeisterin. Sie kennt ihre Stadt und hat den Strukturwandel der letzten Jahrzehnte miterlebt. Dort, wo früher Kohle auf der Schachtanlage Monopol abgebaut wurde, ist heute ein Technologie- und Gründerzentrum angesiedelt. Kappen blickt zufrieden auf die Erfolge des Wandels in ihrer Stadt. Aber sie weiß auch um die großen Herausforderungen, vor denen Kamen steht. Gerade der Ausbau und die Modernisierung der Schulen und Kitas sind für sie ein Herzensthema. Hier würde sie gerne viel mehr tun. Aber die Kostensteigerungen nehmen ihr fast alle notwendigen Spielräume. Vor allem die Energie- und Personalkosten seien erheblich gestiegen: »Alleine für diese beiden Bereiche stellen wir 2024 rund 2,2 Millionen Euro zusätzlich in den Haushalt ein«, berichtet Kappen. Auch die gestiegenen Zinsen würden Mehrausgaben von rund 1,4 Millionen Euro ausmachen.

Elke Kappen ist seit 2018 Bürgermeister von Kamen. Bild: Elke Kappen

Schon jetzt beträgt der Bestand der Kassenkredite in Kamen rund 65 Millionen Euro. Die Stadt geht aktuell davon aus, für 2024 eine Erhöhung einplanen zu müssen. Allein für die Kassenkredite rechnet die Kämmerei im kommenden Jahr mit einer Zinslast in Höhe von einer Million Euro. Die Verwaltung habe in den letzten Jahren viele Hebel in Bewegung gesetzt, um zu sparen. Aber die Grenzen seien längst erreicht, schildert Kappen. Bei den Kommunen müsse etwas auf der Einnahmenseite passieren: »Wir müssen die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen beenden. Der kommunale Anteil an den Steuereinnahmen muss dringend erhöht werden«, fordert die Bürgermeisterin. Sie unterstützt daher den Vorstoß der NRWSPD, den kommunalen Anteil aus der Einkommens-, Körperschafts-, Umsatz- und Grunderwerbsteuer zu erhöhen. Die steigende Anzahl von Aufgaben, welche durch die Stadt erledigt werden müssen, rechtfertigt aus der Sicht Kappens diese Erhöhung.

Kappen befürchtet, dass sich die finanzielle Situation Kamens bei ausbleibenden Reformen weiter zuspitzen wird. Sie sieht insbesondere auch die Landesregierung in der Pflicht, spürbare Entlastungen mit einem Nothilfeprogramm auf den Weg zu bringen, um eine Vielzahl von Kommunen vor der Haushaltssicherung zu bewahren. Auch bei einer Altschuldenlösung sei Schwarz-Grün in der Pflicht. Wichtig sei dabei aber vor allem, dass die Kommunen gar nicht mehr gezwungen seien, neue Schulden aufzunehmen. »Wir brauchen jetzt einen gemeinsamen Einsatz für unsere Städte und Gemeinden, einen Deutschland-Pakt für unsere Kommunen«, appelliert Kappen.

 

Heute in die Zukunft von morgen Investieren: Für eine moderne, soziale und klimaneutrale Stadt von morgen

Frank Meyer ist seit 2015 Krefelder Oberbürgermeister. Schon vor seinem Amtsantritt, im Jahr 2014, musste die Stadt einen Nothaushalt aufstellen. 2021 verließ sie erstmals seit 25 Jahren die Haushaltssicherung, doch nun hat sich die finanzielle Lage dramatisch verschärft: Der Wegfall der Bilanzierungshilfen, rückläufige Steueranteile und die Kosten der Unterbringung von Geflüchteten, all das schlägt sich unmittelbar auf dem Haushalt nieder. Die Einbringung des Haushalts für 2024 musste aufgrund dessen verschoben werden, berichtet Meyer.

Der Investitionsbedarf ist zugleich riesig: Allein 400 Millionen Euro werden für den Bildungsbereich gebraucht, das Theater muss dringend saniert werden, genauso wie Sporthallen und Bäder. Auch das Straßennetz ist marode. Hinzu kommen immense Investitionen in die Verkehrswende. Etwa eine Milliarde Euro wird das alles kosten.

Frank Meyer ist seit 2015 Oberbürgermeister der Stadt Krefeld. Bild: Frank Meyer

Auch der Klimaschutz hat für die Städte und Gemeinden in den letzten Jahren eine große Relevanz bekommen. Krefeld möchte 2035 klimaneutral sein und hat dazu das Klimaschutzkonzept „KrefeldKlima 2030“ im Rat beschlossen. »Wenn wir das schaffen wollen, sind enorme Investitionen in die Wärme-, Strom- und Mobilitätswende von uns als Kommune, aber auch von Unternehmen und Privathaushalten von mehr als 33 Milliarden Euro erforderlich. Der derzeit abschätzbare Kostenanteil der Stadt Krefeld liegt bei über 226 Millionen Euro«, weiß Frank Meyer.

Wie viele Stadtoberhäupter denkt er oft über die Zukunft und die Herausforderungen nach, die vor Krefeld liegen. »Wir müssen heute in die Zukunft von morgen investieren«, sagt der 49-Jährige. Doch Städte wie Krefeld brauchen dazu Geld. »Als Städte und Gemeinden ducken wir uns vor den Krisen und Herausforderungen nicht weg. Wir können aber nicht immer mehr Aufgaben übernehmen, wenn die Refinanzierung durch Bund und Land nicht stimmt. Der Anspruch an die Gemeinden und die Realität in den kommunalen Kassen klafft immer weiter auseinander«, meint Meyer in Übereinstimmung mit dem 5-Punkte-Programm der NRWSPD.

 

 

Für eine Stadt, die funktioniert: Kommunale Verwaltungen stärken

In der Verwaltung von Werther kann man einfach anrufen oder vorbeikommen, um sein Anliegen zu klären. Doch trotzdem sind die vielen Aufgaben, die die Kommunen haben auch hier ein Problem, erzählt Bürgermeister Veith Lemmen. Mehrarbeit, wie durch die Novelle des Wohngelds oder die intensive Unterbringung von Geflüchteten, aber auch das immer mehr ausufernde Berichtwesen an andere Ebenen, vor allem das Land – all das sorgt dafür, dass alle an ihre Belastungsgrenze stoßen. »Vorher gab es ja auch noch Corona und wir seit dem Ukrainekrieg auch vermehrt am Katastrophenschutz. Zum Glück sind wir ein tolles Team und rocken das, aber fast alle Kolleg*innen müssen gleich mehrere Bereiche abdecken«, so Lemmen.

 

Seit 2020 ist Veith Lemmen Bürgermeister von Werther in Westfalen. Bild: Veith Lemmen

Auf die Frage, wie man seine Verwaltung von heute auf morgen entlasten könnte, kann Lemmen ohne lange zu zögern direkt antworten: »Eine verlässliche, dauerhafte Landesförderung, statt Misstrauen und Förderdschungel. Es gibt ein irres Förderprogramm nach dem nächsten. Daran hängt ein riesiger bürokratischer Rattenschwanz, von der Beantragung, über die Abwicklung bis hin zu den Verwendungsnachweisen. All das frisst Kapazitäten ohne Ende. Oft für Geld, was uns aufgrund von neuen Aufgaben ohnehin zusteht.« Die Gelder der vielen Förderprogramme von Bund und Land sind neben dem Anteilen aus den Steuereinnahmen eine wichtige Säule im Haushalt vieler Kommunen geworden. Zwar habe die Stadt Werther – auch dank des Einsatzes der örtlichen Bundestagsabgeordneten und eines guten Teams in der Stadtverwaltung – erst kürzlich die mit Abstand höchste finanzielle Zusage aller Zeiten aus einem Förderprogramm erhalten, für Lemmen ist aber genau das ein Problem: »Natürlich freuen wir uns über die Mittel. Aber es gibt quasi keine kleinere Kommune, die aufgrund des bürokratischen Aufwands hier sonst Chancen hat.«

 

Wie in vielen anderen Rathäusern wünscht man sich auch in Werther einen Paradigmenwechsel: Die Gelder, die von Land und Bund jetzt erst durch Förderprogramme ausbezahlt werden, sollen den Städten in einem wesentlich höheren Umfang direkt zur Verfügung stehen. »Wir wissen, wo die Probleme vor Ort sind. Durch den Abbau bürokratischer Überregulierungen können wir uns noch besser darum kümmern«, meint Lemmen, der sich mehr Vertrauen in die Fähigkeiten der Städte und Gemeinden wünscht.